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Der Streit um die Bibliotheken geht munter weiter – und das Präsidium der FU ist wild entschlossen, seinen Zusammenlegungskurs durchzusetzen. Dabei schafft es immer neue untergrenzen: Statt der geplanten 12 Bibliotheken sollen es In Zukunft nur noch neun Bibliotheken die ganze FU versorgen. Zum Vergleich: Im Jahr 1985 hatte die FU noch 142 Bibliotheken. Wir dokumentieren nachstehend einen Bericht des Kommillitonen Stefan aus dem Kuratorium der FU mit den neuesten Infos zum Thema.
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Die Bibliothekssituation an der FU war auch in der Sitzung des Kuratoriums am 04.04.08 auf der Tagesordnung. Da nach mittlerweile drei Wochen weder das Protokoll noch die Unterlagen der in der Sitzung gezeigten Präsentation verschickt wurden, bzw. angekommen sind, soll hier wenigstens ein grober Überblick gegeben werden, um aktuelle Infos zum Thema zu verbreiten. Alle Angaben von Zahlen sind quasi „ohne Gewähr“, da wie gesagt die Unterlagen noch nicht da sind.
Der Vortrag wurde von der für die Bibliotheken zuständigen Vizepräsidentin Ursula Lehmkuhl gehalten.
Im ersten Teil stellte sie die Entwicklung der Bibliotheken an der FU seit 1985 vor. Die Anzahl der Standorte ist seitdem rapide gesunken. Waren es 1985 noch 142 Bibliotheken, so gab es 1999 nur noch 74 davon. Aufgrund umfangreicher Kürzungen bei den Senatsvorgaben für den Etat (1994: 8 Mio. Euro, 2008 3,5 Mio. Euro, davon 800.000 für elektronische Medien) verfolgt die Uni seit längerem das Konzept der so genannten „dezentralen Zentralisierung auf mittlerer Ebene“. Das Ziel ist also, die Anzahl der Standorte weiter zu reduzieren beim gleichzeitigen Aufbau neuer großer Bibliotheken mit zentralem Charakter. (Bsp. Philologische Bibliothek) Am Ende dieses Prozesses (2015) soll es dann noch neun Bibliotheken an der FU geben.
Die Personalsituation scheint zurzeit immer noch prekär zu sein. Die Anzahl der regulären Angestellten liegt über dem eigentlichen Soll. Die Anzahl studentischer Hilfskräfte ist seit dem Zentralisierungsprozess gestiegen. Neben diesen personellen und finanziellen Argumenten wurde die Schaffung neuer Großbibliotheken auch wieder mit den angeblich veränderten Bedürfnissen der Studierenden begründet. Also: Länger Öffnungszeiten, Internet, Gruppen-Arbeitsräume, etc.. Die Resonanz auf die Arbeitsbedingungen in der Philologischen Bibliothek sei daher auch positiv gewesen. Woher diese Einschätzung kam, wurde nicht ganz klar, anscheinend durch den Ansturm auf die Philo-Bib am Ende des letzten Semesters.
Interessant wurde es dann, als die sozialwissenschaftliche Bibliothek in den Fokus des Vortrags und der anschließenden Diskussion rückte. Die Pläne des Präsidiums sehen hier momentan so aus:
– Der Integrationsprozess innerhalb der soz.wiss. Bibliothek wird abgeschlossen
– Die soz.wiss. Bibliothek bleibt bis 2012 an ihrem derzeitigen Standort
– Nach abgeschlossenen Baumaßnahmen in der Universitätsbibliothek bietet sich dann eine Integration der soz.wiss. Bibliothek in die UB bis 2015 an
– Als neues Gebäude soll zwischen HFB, Ihnestr. 22 und Rotem Cafe der Freihandbestand für Jura und Wirtschaftswissenschaften inklusive Lesesaal entstehen
Das Präsidium hat mittlerweile den Bücherbestand bei den Sozialwissenschaften prüfen lassen. Der Bestand an Dubletten beträgt laut Lehmkuhl 320.000 Stück. Davon sollen 130.000 aussortiert werden. Als Beispiel wurden Bücher wie das „71 Exemplar von Organisationssoziologie von Renate Mayntz aus der Auflage von 1969“ genannt. Das Aussortieren solcher Bücher wurde allgemein als Aussortieren „ohne Informationsverlust“ bezeichnet. Was auch hier nicht richtig klar wurde, ist, ob das Aussortieren der Bücher bereits begonnen hat und im Zusammenhang mit der Integration innerhalb der soz.wiss. Bibliothek steht, oder sich die Zahlen erst auf die Integration der Sozialwissenschaften in die UB beziehen. Dass momentan irgendwelche Bücher aussortiert werden, wird ja zumindest immer von den Mitarbeiter_innen berichtet. Interessanterweise meldete sich in der Diskussion auch der parlamentarische Staatssekretär Husung (vertritt im Wissenschaftssenator Zöllner) zu Wort. Anschei
nend beschäftigte sich auch schon das Abgeordnetenhaus mit dem Thema der Bücheraussortierung. Es gibt wohl eine kleine Anfrage an den Senat dazu. Sich selbst als „Bücherfreund“ bezeichnend, appellierte Husung an das Präsidium, nicht zu unsensibel mit der Debatte umzugehen.
Von Seiten des Personalrats und der Studierenden wurde dann auch noch mal auf das top-down-Verfahren und fehlende Informationen hingewiesen. Hier wurde allerdings von Lehmkuhl auch auf das Fehlverhalten des Fachbereichs aufmerksam gemacht. Das Präsidium hat dem Dekanat des FB Politik- und Sozialwissenschaften (Barbara Riedmüller) bereits im November nachdrücklich vorgeschlagen, eine Informationsveranstaltungen zu den Plänen des Präsidiums zu machen. Das Dekanat hat dann aber schlichtweg keine derartige Veranstaltung organisiert. Lehmkuhl sagte dazu, dass hier die Kompetenzen des Präsidiums aufhörten, da man sich ja nicht selbst zu so einer Veranstaltung einladen könnte.
Inwiefern eine solche Darstellung angesichts eines ansonsten scheinbar allmächtigen Präsidiums plausibel erscheint, kann man sicher in Frage stellen. Die Rolle des Dekanats des FB Pol.soz. im gesamten „Bibliotheksskandal“ kriegt aber mit Sicherheit momentan noch viel zu wenig Beachtung.
Ein weiterer Diskussionspunkt waren die fehlenden Arbeitsplätze in den Bibliotheken angesichts chronisch überfüllter Lesesaale. Das Präsidium widersprach nicht der Einschätzung, dass mit einer Zentralisierung der Standorte und einer Ausweitung des Freihandbestands inklusive beschränkter Ausleihmodalitäten der Bedarf an Arbeitsplätzen steigen wird, bzw. – anders formuliert – hausgemacht neue Probleme für die Studierenden geschaffen werden. Hier scheint das Präsidium kein übergreifendes Konzept zu haben. Eine nachträgliche Vorlage von Zahlen zu Arbeitsplatzangeboten, – Auslastungen, und –Prognosen wurde zugesagt, ist aber ebenfalls noch nicht eingetroffen.
Der für den Haushalt zuständige Kanzler Lange machte dann noch deutlich, dass mit der Verabschiedung des Doppelhaushalts 2009/2010 im Oktober diesen Jahren auch eine Entscheidung über die Bibliothekspläne fallen muss, da die Mittel für Umbauten, etc. bereit gestellt werden müssen.
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