An alle, die keine Lust auf BA-(Umfragen) haben

Wie ihr alle gewiss mitbekommen habt, ist vor einiger Zeit eine Mail mit einer Aufforderung zur Teilnahme an einer Umfrage von der Uni in eurem Posteingang gelandet (oder in eurem Spamverdacht-Ordner). Viele werden sich gedacht haben, dass es eh nichts bringt daran teilzunehmen und dass die Umfrage wieder dahin interpretiert wird, dass die BA Umsetzung gut funktioniert und alle Studis zufrieden sein müssten. Wir, der Arbeitskreis Hochschulpolitik (AK HoPo), haben uns mit dieser Befragung auseinander gesetzt und sie kritisch analysiert. Nach eingehender Diskussion, ob es nun besser sei teilzunehmen oder sie zu boykottieren,rufen wir Euch zur Teilnahme mit kritschem Blick auf. Dafür haben wir euch einige Überlegungen zum bewusst reflektierten Ausfüllen zusammengestellt. Es sollen natürlich nur Hinweise sein– macht euch beim Ausfüllen eure eigenen Gedanken.

Nach intensiver Lektüre fiel uns so einiges auf:

Einige Fragen sind eher im soziologischen Bereich anzusiedeln – so wird die bisherige „Bildungsbiographie“ vom exakten Ergebnis des Abiturs bis hin zur Ausbildung der Eltern abgefragt. Für das Ziel der Verbesserung der BA-/MA- Studiengänge sind diese Fragen, ebenso wie die nach der Staatsangehörigkeit, schlicht unerheblich. Die Frage nach eurem Geschlecht lässt nur zwei Antwortmöglichkeiten zu und an vielen Punkten verzichtet der Fragebogen auf eine geschlechtsneutrale Perspektive. An anderer Stelle wird nach Schwierigkeiten gefragt, mit anderen Studierenden in Kontakt zu treten. Aufschlussreicher wäre die Frage gewesen, ob das Studium die Pflege sozialer Beziehungen erschwert. Die Frage nach der Arbeitsatmosphäre lässt einen klaren Bezug zur Teilnehmerzahl in Seminaren vermissen. Bei der Ermittlung des Studierverhaltens kommt die Frage nach inhaltlichem Verständnis gar nicht erst auf.

Der Block zur individuellen Lernerfahrung stellt teilweise eine versteckte Leistungsabfrage dar; fehlende Bezüge zur Lehre oder zum Bachelorstudium an sich sorgen für erhebliche Zweifel an der Relevanz dieser Fragen: Warum solltet ihr persönliche Angaben dazu machen, ob ihr euch beim Lernen von anderen Dingen ablenken lasst oder den Lernstoff behaltet? Auch der Gesundheitszustand des modernen Studis findet in der Umfrage einen Platz. Dies ist an sich positiv, jedoch wird in einer Frage gleichzeitig nach Krankheiten sowie nach psychischen Problemen gefragt, was eine adäquate Antwort faktisch nicht zulässt.

Wo wir gerade beim Antwortmodus sind: In den meisten Fällen arbeitet der Fragebogen mit einer sieben Punkte Skala. Diese lässt einen breiten Spielraum für eine Differenzierung der Antworten offen; einige Fragen wären aber klar mit ja oder nein zu beantworten (z.B.: „Ich habe nur an der Freien Universität eine Zulassung erhalten.“) – wie hier die Auswertung von mittleren Antworten aussehen soll, erschloss sich uns nicht.

In anderen Fällen wird die Skala auch noch durch die Option „War mir nicht bekannt“ ergänzt. Dies kann zu einer unbewussten Zustimmung zu dort aufgestellten Behauptungen führen, was gerade beim suggestiven Unterton einiger Fragen problematisch ist, wie z.B. hier: „Aufgrund der internationalen Ausrichtung der Bachelorstudiengänge ist der Zugang zu einer beruflichen Tätigkeit im Ausland einfacher. Trifft zu ….. Trifft nicht zu. / War mir nicht bekannt.“ Oder: „Der strukturierte Studienaufbau kam mir sehr entgegen. Trifft zu ….. Trifft nicht zu. / War mir nicht bekannt“.

An dieser Stelle möchten wir euch noch auf eine besonders bittere Frage aufmerksam machen: „Mit dem Studium dieses Faches ist eine Berufstätigkeit verbunden, die aus meiner Sicht eine hohe gesellschaftliche Relevanz hat. Trifft zu… Trifft nicht zu.“ Wir halten „gesellschaftliche Relevanz“ für einen sehr weiten Begriff, der zu sehr interpretationsabhängig ist, als dass man ihn einfach auf einer 7- Punkte Skala bewerten könnte. So kann auch die Antwort nur vollkommen willkürlich ausgewertet werden und da die Frage nach dem „Wert“ eines Studiums/ Berufes indiskutabel ist, denken wir, dass dieser Punkt nicht zu beantworten ist. Im Übrigen möchten euch darauf hinweisen, dass ihr auch sonst so gut wie alle Fragen nicht zu beantworten braucht.

In diesem Zusammenhang möchten wir euch noch bei dem Block zur Ermittlung eurer Studienwahlmotive auf zwei Antworten hinweisen, die für eine Verstärkung der Zulassungsbeschränkungen ausgelegt werden könnten: „Ich hatte keine bessere Idee“ und „Ich habe mich aus anderen Gründen für das Studium eingeschrieben“. Zum Glück gibt es jedoch ganze fünf Freifelder, die sogar mit unbegrenzt viel Text ausgefüllt werden können! Diese möchten wir euch in diesem Zusammenhang besonders ans Herz legen, auch wenn diese Fragen teilweise recht unpräzise formuliert sind, wie z.B eine Frage nach negativen Erfahrungen im Umgang mit Lehrenden. Das ist eine der wenigen Fragen, die von Studierenden eingebracht wurde und eigentlich Diskriminierungs-Momenten sexistischer, rassistischer, homophober etc. Natur auf den Grund gehen sollte, das verschwindet in einer vagen Formulierung, die keinen Raum bietet wirklich umfassende Kritik zu üben.

Auch die Freifelder mit der Frage, inwiefern man mit seinem Studium zufrieden ist oder nicht, bieten eine sehr gute Möglichkeit, den kompletten Fragebogen zu kritisieren oder auch das Bachelor/Masterstudium an sich. Nutzt sie!

Auch lässt sich in diesem Fragebogen kein Raum finden sich zu überfüllten Lehrveranstaltungen oder eingeschränkten Wahlmöglichkeiten zu äußern. Bei der Frage nach studienbegleitenden Informationen mussten wir in unseren Diskussionen sofort an die mangelnde Kommunikation zwischen Studierenden und den EntscheidungsträgerInnen der Universitätsverwaltung denken.

Schlussendlich müssen wir also feststellen, dass es sich bei dieser Umfrage um ein teilweise sehr suggestives und undifferenziertes Papier handelt, das zu stark am Ideal der Karriere ausgerichtet ist und keinen Platz für andere Lebensvorstellungen lässt. Die Uni sollte eigentlich ein Ort der freien Bildung und des selbstbestimmten Lernens sein!

Für mehr Schmetterlinge in Hausarbeiten!

Euer AK HoPo

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4 Gedanken zu “An alle, die keine Lust auf BA-(Umfragen) haben

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