SFB 700 – ein Tiefpunkt ist erreicht

Gastbeitrag zur Diskussion um den SFB 700

Am 15.1. fand an der FU eine vom Sonderforschungsbereich 700 „Governance in Räumen begrenzter Staatlichkeit“ organisierte Vorstellung der Forschungen des SFB-Mitarbeiters Jan Koehler statt. Sie war blamabel und könnte dem wissenschaftlichen Ansehen des SFB schweren Schaden zufügen.

Vorweg: Weder ist es auf diesem Internetportal üblich, noch pflege ich selbst, persönliche Erfahrungen in Texte zu gießen (außer wenn es um Gremienarbeit geht). Ich bin auch alles andere als begeistert von langen Diskussionen und Streitigkeiten, die darin bestehen, sich gegenseitig selbst verfasste lange Texte an den Kopf zu werfen; umso weniger, wenn die Texte persönliche Angriffe enthalten. Hier möchte ich aber aus zwei Gründen eine Ausnahme machen.

Erstens auf Grund der Art meiner persönlichen Involviertheit: Ich bin einer der Wenigen, die beide Diskussionsveranstaltungen der letzten Zeit zum SFB 700 (12.12.08 und 15.1.09) besucht haben; einer der wahrscheinlich noch Wenigeren, die sowohl die Auftragsstudie von Koehler und Christoph Zürcher für das „Bundesministerium der Verteidigung“ (BMVg) (Fußnote 1), als auch das von Koehler verfasste „Working Paper 17“ (WP 17) des SFB mit dem Titel „Auf der Suche nach Sicherheit“, welches am 15.1. vorgestellt werden sollte, gelesen haben; außerdem habe ich in letzter Zeit mit Koehler und Zürcher relativ ausführlich in kritischer Absicht über ihre Forschungen in Afghanistan sowie über damit verbundene Themen kommuniziert, und zwar im Zuge meiner Nachforschungen zu den Hintergründen der BMVg-Studie, aus denen verschiedene Artikel hervorgegangen sind (am ausführlichsten schildert die Ereignisse die Version in Out of Dahlem. Magazin des AStA FU, Nr 8, Januar 2009).

Zweitens hängen Form und Inhalt dieser Veröffentlichung zusammen wie selten sonst: Gerade weil es mir unmöglich war, mit Koehler zu den mich interessierenden Themen ins Gespräch zu kommen, ist mir das Bedürfnis entstanden, diesen traurigen Fakt (notwendigerweise personalisierend) zu dokumentieren, und aus dem gleichen Grund muss es nun eben ein langer Text sein.

Versuche einer Diskussion

Die am 15.1. Anwesenden merkten es: Kritische Fragen nach Koehlers langem Vortrag wurden entweder mit Unmut in Stimme und Mimik beantwortet oder, trotz wiederholter Aufforderung, gar nicht! Kurz vor Ende wurde sogar meine letzte Wortmeldung vom Moderator Prof. Michael Daxner, der gerade Gastwissenschaftler am SFB ist, genüsslich mit dem Hinweis abgelehnt, es sei spät und ich hätte schon zwei mal gesprochen gehabt. Sowohl Daxner als auch Koehler zeigten verbal und mimisch, dass sie Kritik aus einer bestimmten (personellen und inhaltlichen) Richtung nicht akzeptierten und als diffamierend ansahen. Dabei bezogen sich zumindest meine Fragen direkt auf den Vortrag, wo Koehler nämlich einige Male kurz vor einer kritischen Auseinandersetzung mit wichtigen Punkten zu stehen schien: So fragte ich erstens, was er denn generell von der Intervention der Bundeswehr in Afghanistan halte; zweitens, was denn davon zu halten sei, dass dort ein politisches System implementiert wird, das bestimmten Vorstellungen der ausländischen Mächte entspricht, aber in Afghanistan noch nie existiert bzw. funktioniert hat (so stellte es Koehler selbst im Vortrag dar; im Text heißt das auf Seite 7 so: „Im Falle von Afghanistan treffen die westeuropäischen und nordamerikanischen Interventionsmächte in dem Versuch, den Staat als oberstes politisches Ordnungsprinzip wieder herzustellen und seine Geltungsmacht durchzusetzen, auf kulturell fremde und staatlichen wie internationalen Interventionen gegenüber misstrauisch, mitunter feindselig eingestellte Lokalgesellschaften.“ S.a. die Fußnoten Nummer 13 und 73); und drittens, ob es denn nicht problematisch sei, dass die kleinen Hilfsmaßnahmen auf lokaler Ebene zumindest für die Bundeswehr genau den von ihr gewünschten Zweck erfüllen, nämlich, wie eben Koehler in der BMVg-Studie heraus fand, die Bevölkerung positiv gegenüber dem ausländischen Militär stimmen.

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