Die Kommission für Lehre und Studium der FU (KfL) hat am vergangenen Dienstag eine geplante Empfehlung für die Festsetzung von Zulassungszahlen von der Tagesordnung genommen.
Zu Beginn der Sitzung am Dienstag, dem 14.04.09, war unüblicher Weise FU-Kanzler Peter Lange anwesend gewesen. Er hatte mitgeteilt, daß das FU-Präsidium, dem er angehört, sich aus Gründen der Haushaltslage entschlossen habe, KfL und Akademischem Senat die Empfehlung auszusprechen, daß zur Zeit noch keine Zulassungszahlen für die FU beschlossen werden sollten. Die bereits auf der Tagesordnung der KfL-Sitzung gewesenen Zulassungszahlen für Master-Studiengänge mit vorgezogenen Bewerbungsfristen (15.04.09 – 31.05.09) sollten daher nicht behandelt werden.
Dies betrifft unter Anderem die Masterstudiengänge der Fachbereiche Philosophie und Geisteswissenschaften (PhilGeist) und Geschichts- und Kulturwissenschaften (GeschKult). Deren Fachbereichsräte hatten Ende 2008 die Bewerbungsfristen für ihre Masterstudiengänge vorverlegt auf den Zeitraum vom 15.04.2009 bis 31.05.2009. Begründet worden war dies damals damit, daß sich immer mehr Menschen auf Studienplätze der FU bewürben, die Bewerbungs- und Zulassungsverfahren sehr viel Zeit beanspruchten und sich an der FU im nun vergangenen Wintersemester zum Teil erheblich verzögert hätten.
Nun jedoch sollen die Zulassungszahlen für diese Studiengänge noch nicht beschlossen werden. Die KfL, in der 2 von 6 studentischen Mitgliedern anwesend gewesen waren, war dieser Empfehlung einstimmig gefolgt.
Schwierige Haushaltslage
Nach dem Bericht von der „Dringlichkeitssitzung“ FU-Präsident Dieter Lenzens am 30.03.09 und Lenzens dortiger Worstcase-Erwägung eines Zulassungsstops an der FU erschienen sowohl Anwesenheit als auch Mitteilung Kanzler Langes wenig überraschend.
Lange sagte, die Entscheidung des Präsidiums schlage sich auch in der zu diesem Zeitpunkt bereits verschickten Tagesordnung der Sitzung des Akademischen Senats am 22.04.09 nieder: Dort ist der entsprechende Tagesordnungspunkt zum Beschluß der Zulassungszahlen bereits entsprechend markiert worden. Eine mögliche Tischvorlage zu den Zulassungszahlen ist dort ebenfalls angekündigt, nach der KfL-Empfehlung jedoch nicht zu erwarten.
Lange begründete, in der derzeitigen Haushaltslage sei es nicht möglich, verantwortbar und zuverlässig die Zahlen beschließen zu können. Die Gespräche mit der Berliner Senatsverwaltung zögen sich hin. Auf allen beweglichen Haushaltstiteln – er erwähnte explizit den Sachetat und beim budgetierten Personaletat insbesondere den Mittelbau-Etat – läge zur Zeit die von der FU verhängte Haushaltssperre von 7,5 %. Die FU wisse selbst noch nicht, ob diese Titel zum 1.10.09 finanziert werden könnten. Der vom FU-Präsidium im vergangenen Wintersemester 08/09 beschlossene FU-Haushaltsplan umfaßt die Finanzierung für ein Jahr.
Die Begründung Langes zeitigte keinen neuen Stand in den zur Zeit von Seiten der Hochschulleitungen unterbrochenen Verhandlungen.
Der Berliner Finanzsenator Thilo Sarrazin trete für 1,3 % Mittelaufwuchs ein (die Berliner Hochschulen benötigen allen Verlautbarungen nach 20 % allein zum Erhalt des Status quo). Der Anwendungstarifvertrag laufe aus: Ab 2010 gelte der volle Bundesangestelltentarif (BAT) auf Grundlage des Jahres 2003. Für die FU, so Lange, bedeute allein dies 10 Millionen Euro zusätzliche Kosten. Im Falle eines Mittelaufwuchses von Staatsseite lediglich um die von Sarrazin genannte Summe bedeute das eine Realkürzung um eben diese 10 Millionen Euro für die FU. Lange rechnet damit, daß bis zum 22.04.09 noch nichts geschehe. Auch der Berliner Senat warte noch auf die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz von Bund und Ländern (GWK). Eine Arbeitsgruppe der GWK hatte sich kürzlich auf ein Gesamtpaket für die Hochschulen bundesweit von 16 Milliarden Euro zusätzlich für Studienplätze, Forschung und „Exzellenzinitiative“ geeinigt. Die Zustimmung von Finanzminister/innen und Ministerpräsident/innen steht jedoch Trotz medialer Bejubelung noch aus. (Neue Studienplätze und Weg für 275 000 neue Studienplätze frei)
Keine Zulassungsbeschränkungen
Auf Nachfrage des Verfassers des vorliegenden Berichtes, der einem der die Zulassungszahlen betreffenden FU-Fachbereiche angehört, ergänzte der ebenfalls anwesende Wolfgang Krieger (FU-„Controlling“, Leitender Ersteller des FU-„Studienerfolgsberichtes“), mit den Zulassungszahlen werde beschlossen, daß eine Beschränkung beschlossen werde. Würden keine Zulassungszahlen und damit keine -beschränkungen beschlossen, könnten sich alle Interessierten auf die betreffenden Studiengänge bewerben und zugelassen werden. Ihm wurde von keinem und keiner der Anwesenden widersprochen.
Eine Rückfrage bei der AStA-Rechtsberatung bestätigte Kriegers Darstellung: Kein Beschluss über Zulassungszahlen bedeute, daß Alle, die sich bewürben, aufgenommen werden müßten – und nicht, daß niemand aufgenommen werde. Ein Beschluss über Zulassungszahlen sei nur eine obere Grenze der Zulassung. Diese Rückfrage ergab auch, daß die Erwägung Dieter Lenzens während der Dringlichkeitssitzung am 30.03.09, die Zulassungen an der FU auf Null herunter zu setzen, rechtlich nicht haltbar sei. Die Hochschule müsse beweisen, daß sie keine Kapazitäten für keinen Studiengang habe. Diese Drohung Lenzens sei somit eine leere. Ohnehin ist nach Lenzens Äußerungen in dieser Sitzung davon auszugehen, daß er mit solchen möglichen, in den Medien zum richtigen Zeitpunkt zu lancierenden Szenarien eher die Berliner Öffentlichkeit und damit nicht zuletzt die Wähler/innenschaft der Parteien aufscheuchen will. Nicht zuletzt rücken die Wahlen zum EU-Parlament am 7. Juni 2009 und die Bundestagswahl am 27. September 2009 näher.
Auf die Frage des Verfassers, wie es sich mit den Weiter bildenden Masterstudiengängen verhalte, für die es in Berlin kein Studiengebührenverbot gibt und für die im Rahmen des allgemeinen Weiterbildungsangebots in den derzeitigen Hochschulverträgen und auch den Vorschlägen der Berliner Hochschulleitungen für künftige Hochschulverträge eine Verpflichtung zum Ausbau fest geschrieben ist (§ 4 Planungssicherheit linke und rechte Seite Abs. 2 letzer Satz), wurde von Lange wie folgt beantwortet: Gegenwärtig müsse vor Allem das Kerngeschäft, also die nicht weiter bildenden Studiengänge, aufrecht erhalten werden. Die vorhandenen Lehrkräfte könnten kaum weitere Weiter bildende Masterstudiengänge mit abdecken. Es wurde schließlich beruhigt, daß im Zweifel eine Sondersitzung des Akademischen Senats (AS) zwischen den regulären AS-Sitzungen (1 Mal im Monat: AS-Sitzungstermine) einberufen würde, um die Zulassungszahlen für alle auf der Vorlage vorgesehenen Studiengänge zu beschließen.
Das scheinbar Paradoxe an der Argumentation: In der derzeitigen Haushaltslage der FU wird eine so dargestellte Zulassungsöffnung mit einem prekären Haushalt begründet. Wenn jedoch gerade Zulassungsbeschränkungen theoretisch den Haushalt „erleichtern“, so müßte der Wegfall der Beschränkung ihn „erschweren“. Welches Interesse also besteht daran, die Zulassungen in dieser Weise „frei zu geben“? Vermutlich, in der KfL-Sitzung jedoch nicht ausgesprochen, wird dies begründet mit der Annahme, daß aus der gegenwärtigen Perspektive ein Beschluß von Zulassungszahlen die FU haushaltspolitisch mehr binden würde, als eine vorläufige faktische Öffnung. Denn mindestens diejenigen Zulassungszahlen, die beschlossen sind, müssen dann auch gewährt werden.
Zudem betrifft dies zur Zeit nur den Teil der Masterstudiengänge mit vorgezogenen Bewerbungsfristen. Und schon die Masterstudiengänge machen zur Zeit nur einen sehr kleinen Teil der Studienplätze an der FU aus, fallen also „haushaltspolitisch“ noch nicht so erheblich in’s Gewicht (FU-Studierendenstatistik 2008). Daß sie bei den Haushaltsberechnungen des Präsidiums aus dessen Perspektive momentan dennoch in’s Gewicht fallen, läßt sich vermutlich mit einer Linie erklären, in der, wie der Kanzler eingangs bereits sagte, alle „beweglichen Titel“ möglichst beweglich gehalten werden – im Sinne einer „flexiblen Haushaltswirtschaft“.
Der Nicht-Beschluß der ersten Zulassungszahlen mit Vorbehalt eines späteren Beschlusses könnte dafür sprechen, daß gerade kein vollständiger Zulassungsstop ernsthaft geplant ist. Im Zweifel wird, wenn sich diese „beweglichen Titel“ nicht weiter hinaus schieben lassen, ein Beschluß zu den Zulassungszahlen gefaßt werden. So lange jedoch will sich das FU-Präsidium offenbar nicht binden. Denn das bedeutete eine Festlegung, wie viele Zulassungen sie auf jeden Fall mitmachten. Das Übrige bleibt taktische Drohgebärde – im Zweifel auf Kosten der Studierenden. Denn nicht zuletzt ernster zu nehmen ist die Erwägung eines starken Absenkens der Studienplätze – gekoppelt an die angekündigten Querkürzungen von Lehrkräften und sonstigem Personal quer durch die FU.
Lehraufträge statt reguläres Personal – Studiengebühren statt Breitenbildung
Im Zuge der Diskussion um Studiengänge des FU-Fachbereichs Rechtswissenschaften hatte der Vertreter der Statusgruppe der Sonstigen Mitarbeiter/innen Andreas Fijal (KfL-Mitglied, Studiendekan der Rechtswissenschaften und AS-Mitglied für Dieter Lenzens „Vereinte Mitte“) erwähnt, daß die FU-Haushaltssperre auch in seinem Fachbereich zunehmend zur Notwendigkeit von Lehraufträgen führe. Nach den Fachbereichen PhilGeist und PolSoz ist dies der dritte FU-Fachbereich, von dem dies berichtet wird.
Beim selben Tagesordnungspunkt, der die Einrichtung eines Weiter bildenden Masterstudienganges „Internationales Wirtschafts-, Wettbewerbs- und Regulierungsrecht“ des Fachbereichs Rechtswissenschaften vorsah, wurde in Abwesenheit des Kanzlers dann noch ein Mal überlegt: Weiter bildende Master als sich, so wörtlich: „refinanzierende“ Studiengänge sollten möglichst schon im AS beschlossen werden. Die Einrichtung des vorliegenden Masterstudienganges zum Wintersemester 2009/10 wurde von der KfL auch einstimmig empfohlen. Wie des Weiteren auf Seite 2 des diesen Studiengang betreffenden empfohlenen Beschlußantrages für den AS aufgeführt: „Es werden Studiengebühren von 4.000 Euro pro Semester für Vollzeitstudierende und 2.250 Euro pro Semester für Teilzeitstudierende erhoben.“ (Link wird nachgereicht, Der Verf.)
Akkreditierung von Studiengängen
Der KfL-Sitzung lag eine Liste der bereits eingerichteten, insbesondere vor Längerem eingerichteten Masterstudiengänge der FU vor. Deren Einrichtung, die vom AS bei seinen damaligen Beschlüssen befristet worden war, sollte verlängert werden (Beschlußvorlage zur Verlängerung). Freilich stimmte die KfL dem in ihrer Empfehlung einstimmig zu – da anderen Falls alle betreffenden Masterstudiengänge der FU auslaufen würden und damit faktisch aufgehoben wären. Begründet worden war die damalige Befristung nicht zuletzt mit der Notwendigkeit zur Akkreditierung der Studiengänge. In der Vorlage heißt es:
„Zu 1. Die Einrichtungsdauer folgender Masterstudiengänge […] wird zunächst bis zum 30.09.2011 verlängert. Die weitere Verlängerung bzw. Entfristung soll anschließend auf der Grundlage des bis dahin eingeführten Akkreditierungsverfahrens erfolgen.“
Laut der anwesenden Julia Sosna von der FU-Abteilung V B Studienstrukturentwicklung plane die FU die Einführung einer Systemakkreditierung, die durch ein „Qualitätsmanagement-System“ der FU eine Re-Akkreditierung innerhalb der FU selbst gewährleiste.
Michael Bongardt, professorales Mitglied der KfL, führte aus, auch der Politische Senat (gängiger Terminus für: Der Berliner Senat) stimme in der Regel den Studiengängen zu. Im Moment, so versicherte Sosna, sei die FU dies bezüglich in einer eher positiveren Lage.
Wiederholungsprüfungen
Unter dem Punkt Verschiedenes, jedoch ohne eigenen Tagesordnungspunkt oder Beschlußvorlage wurden schließlich auch die Wiederholungsprüfungen angesprochen. Hierzu und auch aus Recherchegründen soll jedoch an anderer Stelle Weiteres verlauten.
Mathias Bartelt
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